Zum Ende der Metadaten springen
Zum Anfang der Metadaten

Sie zeigen eine alte Version dieser Seite an. Zeigen Sie die aktuelle Version an.

Unterschiede anzeigen Seitenhistorie anzeigen

« Vorherige Version anzeigen Version 5 Nächste Version anzeigen »

Buchtitel:

Raum – Gestaltung – Marketing
im ganzheitlich-nachhaltigen Management
Konsequenzen einer topisch-henadischen Raumauffassung für
Weltbilder, Wissenschaftsmodelle und die Unternehmenspraxis

von Dieter Pfister

edition gesowip
Basel 2007

Vorwort und Zusammenfassendes Fazit

Inhalt

1.

Vorwort

2.

Zusammenfassendes Fazit

2.1

Welt als Gegenüber des Menschen

2.2

Vom Raum zum Lebensraum

2.3

Geschäfts- und Lebensprozesse

2.4

Praxis des Spacing-Management und Sustainable Branding

3.

Über Weltbilder und wissenschaftliche Modelle

3.1.

Welt als Bild und Wort

3.2.

Welt als Raum und Zeit

3.2.1.

Philosophie

3.2.2

Soziologie

3.2.3

Wirtschaftswissenschaften

3.2.3.1

Nachhaltigkeit und Nachhaltige Entwicklung

3.2.3.2

Nachhaltigkeits-Management

3.2.3.3

Das Beispiel des St. Galler Management-Modells

3.2.4

Physik

3.2.5

Geschichts- und Kunstwissenschaft

3.3.

Welt als Lebensraum

3.3.1

Analyse: Räume, Lebensraum und Ort

3.3.2

Synthese: Die den Lebensraum durchdringenden Aspekte Energie, Information und Masse

3.3.3

Topisch-henadische Raumauffassung

4.

Zur Weiterentwicklung von Organisations- und Management-Modellen

4.1

Grundmodell des ganzheitlich-nachhaltigen Managements

4.2

Ganzheitlich-Nachhaltige Weiterentwicklung des Prozessmanagements

4.2.1

Trans-Formationsprozesse

4.2.1.1

Trans-Formationsprozesse im individuelle Eigenraum

4.2.2.2

Trans-Formationsprozesse im institutionellen Eigenraum von Organisationen

4.2.2

In-Formationsprozesse

4.2.2.1

In-Formationsprozesse im Selbst-/Körperraum: Human Spacing

4.2.2.2

In-Formationsprozesse im Lebensraum: Private und Corporate Spacing

4.3

Ganzheitlich-nachhaltige Weiterentwicklung wichtiger betrieblicher Funktionen

4.3.1

Ganzheitlich-nachhaltiger Managementbegriff

4.3.2

Ganzheitlich-nachhaltiges Marketing- und Kommunikationsmanagement als Markenmanagement

5.

Zur Praxis des ganzheitlich-nachhaltigen Managements

5.1

Praxisbezogene Raumstrukturierung

5.2

Praxisbezogene Prozesstypen

5.2.1.

Geschäfts-, Management- und Spacingprozesse

5.3

Zur geschichtlichen Entwicklung des Marketing- und Kommunikationsmanagements

5.3.1

Vom Corporate Design zum Corporate Spacing

5.3.2

Von der Corporate Communication zum Human Spacing 156

5.3.2.2

Klassischer Kommunikationsbegriff

5.3.2.3

Ganzheitlich-nachhaltiger Kommunikationsbegriff

5.3.3

Vom Marketingmanagement zum ganzheitlich-nachhaltigen Spacing-Management/Sustainable Branding

5.4

Integration von Corporate und Human Spacing im Sustainable Branding

6.

Schlusswort: Ganzheitliche Nachhaltigkeit im Kampf gegen den „Kampf der Kulturen"

6.1

Kritische Betrachtung aktueller Ansätze des Marketing- und Kommunikationsmanagements

6.2

Manager der Zukunft: Musterknaben oder Musterbrecher?

6.3

"Kampf der Kulturen" auch in der Wirtschaft verhindern

7.

Literatur

1. Vorwort

In dieser Publikation werden mehrere thematische Stränge verbunden, mit denen ich mich in den letzten 25 Jahren befasst habe. Früh schon interessierte mich die Ausgestaltung von Räumen in einem ganz lebensnahen Sinne, nämlich hinsichtlich deren Möblierung, Ausstattung und Gebrauch. Dabei betrachtete ich auch die soziologischen und ökonomischen Aspekte, so das Verhältnis zwischen Möbelmachern, Raumausstattern, Auftraggebern sowie die Produktionsverhältnisse: das Zunftwesen in früheren Zeiten, die Veränderung des Selbstverständnisses von Möbelmachern, Innenarchitekten und Architekten vom 16. bis ins 20. Jahrhundert. Letztlich ging es mir darum, die Beziehungen und Prozesse zwischen Eigner,
Nutzer und Gestalter von Räumen und Orten präziser zu verstehen. Ein zweiter wichtiger Strang des Nachdenkens und methodischen Vertiefens umfasste die Themenfelder Unternehmenskultur und Firmenidentität sowie deren kommunikative Ausgestaltung im verbalen und bildlichen Sinne. In meiner Praxisarbeit beschlichen mich hier aber immer mehr Zweifel hinsichtlich den Möglichkeiten und Grenzen „gemanagter" Veränderungsmassnahmen wie zum Beispiel dem „Changemanagement". Meine Beschäftigung mit Wissensmanagement in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts förderten das kritische Bewusstsein nochmals.
Die Erforschung und Einschätzung der Wirkungen der Arbeit an der Unternehmenskultur, aber auch von Produkten, Dienstleistungen und Kommunikationsmassnahmen mittels Markt- und Meinungsforschung bildeten meinen dritten thematischen Strang. Auch hier entstand ein zunehmend kritisches Bewusstsein über die Arbeiten in diesem Bereich, der eigenen und der beobachteten fremden. Das wiederum förderte das Nachdenken über Wahrnehmungsprozesse und über Dauerhaftigkeit und Reichweite der Wirkung von Praxisaktivitäten im Bereich der (Unternehmens-) Kultur sowie von Kommunikation und Marketing. Denken, Reden und Handeln konnte ich all die Jahre glücklicherweise zunehmend gut verbinden. Denn einerseits erarbeitete ich die theoretischen Grundlagen und veröffentlichte immer wieder Teile davon. Andererseits konnte ich aber auch durch meine praktische Berufsarbeit die wissenschaftlichen Erkenntnisse rasch in Projekte einbringen und verfeinerte so Modelle und Methodik stetig. Allmählich wurde mir klar, dass es sich bei diesen genannten thematischen Strängen eigentlich um Analoges handelt, um die Art der Gestaltung von Räumen, nämlich unserer Wohn- und Arbeitsräume einerseits, unserer Denk- und Wissensräume andererseits und schliesslich unserer Kulturräume - und das immer in Bezug gebracht zur Zeit (Prozesse, Funktionen). Der Umgang mit Raum und Zeit - das ist ein grosses, altes theologisches und philosophisches Thema. Es hat bis heute eine zentrale Bedeutung, wird auch in Wirtschaft und Politik behandelt, was vor allem in der Idee der Nachhaltigen Entwicklung zum Ausdruck kommt.
So versuchte ich die genannten Stränge mit dem Thema der Nachhaltigkeit zu verknüpfen. Eigene Projekte in diesem Feld zeigten mir aus Praxissicht, dass man in den letzten Jahren zwar bei der ökologischen Dimension recht viel erreichte, sich aber allmählich eine Ernüchterung breit machte, was die soziale Dimension betrifft und - damit verbunden - auch die Möglichkeiten des Involvierens des einzelnen Mitarbeitenden.
Je mehr ich mich mit den zu verknüpfenden Themen im Sinne eines gestaltenden Umgangs mit Raum, Zeit und Nachhaltigkeit befasste, desto stärker wurde das Gefühl, dass die seit Jahrzehnten beklagten „Grenzen des Wachstums" nicht nur bei materiellen Ressourcen zu erkennen sind, sondern auch bei der Art und Weise unseres Denkens selber sowie bei den Weltbildern und Modellvorstellungen, die unser Denken und Handeln prägen. So stellte ich mir die Frage: „Müssen wir nicht radikaler werden und die heute in weiten Kreisen Westeuropas und Nordamerikas herrschenden Weltbilder, wissenschaftlichen Modell- und Managementvorstellungen hinterfragen?" Denn oberhalb dieser Ebene ist unser politisches und wirtschaftliches System im Grundsätzlichen und in der Umsetzung recht konsequent. Die „Grenzen des Wachstums" könnten demnach auch mit Begrenzungen auf dieser „unteren", grundlegenden Ebene zu tun haben, dürfen demnach nicht nur materiell betrachtet, sondern müssen auch geistig verstanden werden. Wie hier zu zeigen sein wird, haben sie offenbar etwas damit zu tun, wie wir Raum und Zeit denken, wahrnehmen und auf uns beziehen.
Ein für die Schweiz und den deutschsprachigen Raum besonders wichtiges Managementmodell ist jenes der Universität St. Gallen. An diesem Modell versuche ich hier die Probleme zu schildern, welche das ganzheitlich-nachhaltige Denken behindernden und schlage Weiterentwicklungen hinsichtlich der Weltbilder und der Modellvorstellungen vor. Der Dialog mit einigen Vertretern der Universität St. Gallen war dabei sehr wertvoll. Ich möchte gerade im Blick auf die Aus- und Weiterbildung junger Menschen an Universitäten und Hochschulen ermuntern, diese Grundmodelle und philosophischen Hintergründe mehr noch als bisher zu thematisieren. Auch wäre es wünschenswert, das auf Seiten der Lehrenden spürbare kritische Potential gerade im Umgang mit Führungskräften offensiver als bisher in der Praxis einzubringen. Für die stellenweise sehr erfrischend selbstkritischen Hinweise meiner Dialogpartner in St. Gallen jedenfalls danke ich bestens.
So entstand in mehrjähriger Arbeit die nachfolgende Studie, welche nun versucht, den Bogen von raum-zeit-philosophischen Überlegungen über Weltbilder und betriebswirtschaftliche Modellvorstellungen hin zu einem Vorgehen zu schlagen, das die Denkhaltung der ganzheitlichen Nachhaltigkeit auch in den betrieblichen Funktionen und im Prozess- und Projektmanagement wirksam werden lässt. Schliesslich wird auch auf die - bisher meist unterschätzte - Bedeutung der Arealraumgestaltung im Marketing, insbesondere im Dienstleistungs-Marketing und in der Markenführung, hingewiesen.
Beim Erarbeiten der Studie stand ich mit einigen Menschen und Institutionen im Dialog. So bin ich für ihr Mitdenken folgenden Personen sehr dankbar: Prof. Dr. Christian Belz, St. Gallen, Alexander Bieri, Basel, Prof. Dr. Manfred Bruhn, Basel, Stefan Burri, Zürich, Prof. Dr. Thomas Dyllick, St. Gallen, Dipl. Ing. ETH Leo Gärtner, Basel, Henri Gassler, Reinach, lic. phil. Urs Hangartner, Luzern, Dipl. Arch. ETH Heinrich Kunz, Zürich, Dr. Thomas Latka, München, lic. oec. HSG Peter Masciadri, Bern, Prof. Dr. Felizitas Romeiss-Stracke, München, Prof. Dr. Johannes Rüegg-Stürm, St. Gallen, Dr. Martin Sättler, Bottmingen, Dr. Martin Sandtner, Basel, Dr. Heinrich Schwendener, Basel, Dr. Peter Spichiger, Zürich, Daniel Sturm, Basel, lic. rer. pol. Mattias E. Weber, Genf und Familie Werhahn Bianchi, Salenstein. Für ihr Mitdenken und -arbeiten sei meinen Mitarbeitern speziell gedankt: Sonja Polc Kneubühler, Silvan Schaad, Julia van Wijnkoop und Virginia Hess.
Zwei Menschen haben mich über viele Jahre bei meinen „Denkexperimenten" begleitet: meine liebe Frau, Maria del Pilar Pfister-Garcia Barrio, Basel und Dr. Ralph Weill, Basel. Ihnen beiden
widme ich diese Arbeit in grosser Dankbarkeit, bei Ralph Weill verbunden mit den besten Wünschen zu seinem 75. Geburtstag.
Basel, im Sommer 2007 Dieter Pfister


2. Zusammenfassendes Fazit

Die Wissenschaft, der wissenschaftliche Blick auf die Welt, hat in den
letzten Jahrhunderten viel entdeckt, erklärt und verständlich machen
können. Dabei galt und gilt: Je präziser eine Aussage sein soll, desto
genauer und enger muss zuvor definiert werden, was Sache ist und
wie sie begrifflich zu fassen sei. Doch je stärker durch die
Wissenschaft der mikroskopische Blick ins Kleine und der kosmologische
ins Grosse geschärft worden ist, desto mehr geriet der
Sinn fürs Ganze und die Zusammenhänge zwischen den in immer
kleinere Stücke „sezierten" Einzelteile verloren.

2.1 Welt als Gegenüber des Menschen

In der vorliegenden Studie wird zunächst dieser Weg zur
zunehmender „Atomisierung und Individualisierung der Welt" in
geraffter Form zurückverfolgt, und zwar in den Wissenschaftsdisziplinen
der Philosophie, Soziologie, Wirtschaftswissenschaften,
Physik sowie Geschichts-/Kunstwissenschaft. Dabei werden relevante
wissenschaftliche Modellvorstellungen und die sie prägenden
Weltbilder herausgearbeitet.
In den Weltbildern zeigen sich ja auch Menschen- und
Geschichtsbilder, Vorstellungen über die Beziehungen zwischen Ich
und Welt, Zeit und Raum. Je nach Auffassung dieser Beziehungen
erkennt man unterschiedliche Raumbilder, Vorstellungen der
Relationen von Menschen, Lebewesen und sozialen Gütern
untereinander und zum Raum. In der bisherigen Literatur werden
hier meist drei Raumauffassungen genannt:
• Die absolute (Raum und Körper dualistisch gesehen und Raum
als von Beobachtern, Objekten sowie physikalischen Abläufen
unabhängiger physikalischer Raum verstanden).
• Die relative (Raum als Ergebnis der Struktur der relativen Lagen
der Körper).
• Die relationale (Raum als netzartig-polyzentrisches Relationengefüge).
Diesen Raumauffassungen kann man bestimmte Denker und
Denkrichtungen zuordnen und deren Entwicklung in eine zeitliche
Abfolge bringen. Doch ein Blick in die Gegenwart zeigt, dass - zumal
weltweit gesehen - diese Raumverständnisse nicht zu betrachten sind
als nacheinander gültig, sondern als nebeneinander wirksam. Ein
ähnliches Nebeneinander kann beispielsweise bei der Entwicklung
der Physik beobachtet werden. Denn die Grundüberlegungen der
Quantentheorie zu Raum und Zeit, zu Energie, zu Information und
Masse haben zwar den Erkenntnishorizont verglichen mit früheren
Modellen wesentlich erweitert, die Richtigkeit der Aussagen der
klassischen Physik in ihrem beschränkten Geltungsraum jedoch
belassen.
Wenn man nun „den Raum" als Schichtenraum definiert und so die
Geltungsbereiche für bestimmte Theorien räumlich statt zeitlich
betrachtet, so kann man die These aufstellen, dass aktuelle Probleme
der Wahrnehmungs- und Erklärungskraft gewisser wissenschaftlicher
Modelle, vor allem im Bereich der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften,
weniger mit bestimmten, durch wissenschaftlichen
Fortschritt behebbaren Mängeln zu tun haben, als vielmehr mit
grundlegenden Begrenzungen und so mit Fragen der Welt-,
Geschichts- und Menschenbildern, also mit den weltanschaulichen
Grundlagen der Modellbildung. Diese These wird bezogen auf
ganzheitliche Nachhaltigkeit durch die vorliegende Studie bestätigt.
Das grundsätzliche Hinterfragen dieser Zusammenhänge nahm im
Vorfeld der Erarbeitung dieser Studie ihren Ausgang bei
Beobachtungen, die bei der praktischen Umsetzung der Idee der
Nachhaltigen Entwicklung in Unternehmen gemacht wurden. Dort
entstand die Vermutung, dass gerade in den Wirtschaftswissenschaften
auf der Ebene der Modelle und Weltbilder
Begrenzungen vorhanden sind, welche die Umsetzung solch
komplexer Ideen behindern. So behandelt die Studie zunächst
mögliche Begrenzungen von wissenschaftlichen Modellen, insbesondere
in der Soziologie, Betriebswirtschaftslehre und (Kunst-)Geschichte.
Im Bereich der Wirtschaftswissenschaften wird
diesbezüglich das für den deutsprachigen Raum wichtige St. Galler
Management-Modell kritisch betrachtet. Hier zeigt sich, dass die es
prägenden Vorstellungen explizit in der Tradition der retiv-polyzentrischen
Sozialsystem-Modellierung und des relationalen Raumverständnisses
stehen, weshalb diese dann vertieft behandelt werden.
Unterschiedliche Raum- und Systemauffassungen führen zu je
anderen Akzentsetzungen bei der Betrachtung von verknoteten,
polyzentrischen Netzwerken: einerseits neigen diese eher zur Beton13
ung des Knotens (etwa harte, messbare Faktoren in Wirtschaftswissenschaften,
Individuum in Soziologie, Atome und Teilchen in
Physik, Künstler/Einzelwerk in Kunstgeschichte); andererseits
befassen sie sich mehr mit den Beziehungen zwischen den Knoten
(beispielsweise weiche Faktoren in Wirtschaftswissenschaften,
Kommunikation/Interaktion in Soziologie, Wellen/Felder in Physik,
Stimmung/Raum in Kunstgeschichte).
Diese Akzentuierungen der Betrachtungsweise in ein „Sich-
Gegenüber-Treten" und ein „Sich-Verbinden-Können" der Dinge
zeigen sich in vielen Themenbereichen, so etwa bei den Beziehungen
vom Ich zur Umwelt, vom Individuum zur Geschichte/Vergangenheit,
vom Wort/Bild zu den Dingen, vom Innen zum Aussen
von Menschen und Objekten. Das in dieser Sichtweise fortschreitende
Zergliedern der Welt ist auch auf organisatorischer Ebene
beobachtbar, so in der Spezialisierung in immer neue Fächer und
Teilbereiche des Wissenschaftsbetriebs oder in immer feinere
Aufteilung in Profit-Center in der Wirtschaftspraxis. Interessanterweise
hat die Frage von „Raum und Organisation" in der bisherigen
wirtschaftswissenschaftlichen und soziologischen Literatur eher
wenig Beachtung gefunden. Gerade deshalb werden die
Auswirkungen des Raumverständnisses auf Organisationsformen
(Strukturen, Prozesse) in der Studie ausführlich behandelt.
Das derart Aufgetrennte wieder zu verbinden ist immer mehr
Aufgabe von „Kommunikation" geworden - und gleichzeitig zu
deren Kernproblem. Denn in Kommunikation und Marketing führt
das Auseinaderdriften des kommunizierten Wortes und Bildes
einerseits und dem Unternehmensleben andererseits zu Problemen
hinsichtlich Authentizität und Glaubwürdigkeit. Viele Firmen und
Führungskräfte „kommunizieren" heute nicht „einfach" durch ihr
Reden und Handeln, sondern lassen sich dabei beraten und
unterstützen durch Fachpersonen der Bereiche Public Relations,
Public Affairs, Sponsoring und des Event- bis Viralmarketing. Diese
Spezialaktivitäten werden dann weitervermittelt von Journalisten,
Massenmedien sowie vom Internet. Und da nun diese „Vermitteltheit
der Vermitteltheit" das Problem der Echtheit und Glaubwürdigkeit
verstärkt, wird das wiederum zum Anlass genommen, weitere
Spezialisierungen vorzunehmen, indem sich Firmen explizit mit ihrer
Reputation befassen, um mit „Corporate Governance" und
„Wirtschaftsethik" Glaubwürdigkeit zurück zu gewinnen.
Doch es gibt auch Gegenbewegungen. So versuchen die Vertreter der
gesellschaftspolitischen Leitidee der Nachhaltigen Entwicklung seit
Jahrzehnten, der Entwicklung hin zu einseitiger Individualisierung,
Atomisierung und Autonomisierung von Menschen und Dingen
entgegenzutreten und das Verhältnis des Menschen zu Raum und
Zeit wieder integrierter und langfristiger zu gestalten. Der Erfolg
dieser Idee stellt sich aber eher langsam ein, wofür die vorliegende
Studie die Gründe herauszuarbeiten sucht. Dabei stösst sie, wie
erwähnt, bis auf die Ebene der Weltbilder vor und kommt zur
Erkenntnis, dass diese vermehrt in die Diskussion einbezogen werden
müssen, wenn es darum geht, wissenschaftliche Modell auf ihre
Nachhaltigkeits-Tauglichkeit zu prüfen. Denn weil sich das laufend
vermehrende Spezialwissen und die daraus abgeleiteten Regelungen
einer nachhaltigen und ganzheitlichen Entwicklung erheblich im
Wege stehen, muss die Studie den Finger auf die zugrunde liegende
Problematik der Beziehung zwischen den Teilen und dem Ganzen
legen. Ins Abstrakte und Weltbildliche gehoben heisst dies, sich
grundsätzliche Gedanken zu machen zum Verhältnis von Ich-Welt,
System-Umwelt etc.
Die Studie stellt dieses Problematik aber nicht nur fest, sondern macht
konkrete Vorschläge, wie das Welt- und Raumverständnis weiterentwickelt
werden kann, erarbeitet dabei aus den drei bisherigen,
oben genannten Raumvorstellungen eine vierte, nämlich die
„ortsorientiert-ganzheitliche", in der Studie „topisch-henadisch"
genannte Raumauffassung.

2.2 Vom Raum zum Lebensraum

Ausgehend von raumphilosphischen Vorstellungen aus Japan, die in
den beiden schon veröffentlichten Buchpublikationen dieser Trilogie
(Pfister 2004/1 und 2005/1) ausführlich behandelt und verarbeitet
worden sind und analog zu Kernvorstellungen der Quantentheorie
stellt die vorliegende Arbeit den feldhaft verstandenen Ort und den
Prozess des „Spacing", zu deutsch der Raumentwicklung, Lebensraumbildung
oder Raumformation ins Zentrum.
Im relationalen Raumverständnis steht der Mensch im Beobachterraum
dem Natur-, Gesellschafts- oder Wirtschaftsraum gegenüber. Da
das Beobachten des Lebens und der Dinge im Raum aber nicht vom
Raum getrennt werden kann, sich im Beobachten die Dinge zeigen
und verändern, muss nun der beobachtende Mensch in den hier
sogenannten Lebensraum integriert werden, wodurch der Beobachtungs-,
Denk- und Lebensraum in eins „zusammenfallen". Das
heisst: Menschen, Lebewesen und soziale Güter stehen dann „dem
Raum" nicht gegenüber, sondern mitten in ihm, werden von ihm
durchdrungen. Das Ganze, das im kosmischen Raum nicht-lokal
präsent ist, wird in Menschen/Lebewesen und sozialen Gütern lokal
wirksam, wirklich, der Kosmos damit zum Ort der Orte. Der
Netzwerk-Knoten, die Masse und Materie verdängt so nicht „den
Raum", sondern zeigt die in Materie kondensierte Information über
das Ganze vor Ort.
Als Lebensraum soll der Raum dessen verstanden werden, was für
das Leben von Bedeutung ist, worin sich das Leben bewegt, und zwar
individuell und überindividuell/institutionell gesehen. Weiter kann
das Gesichtsfeld eines Individuums - soweit das Auge reicht - als
Arealraum bezeichnet werden, der für das eigene Leben zu einem
bestimmten Zeitpunkt von Bedeutung ist. Dynamisiert man diese
Vorstellung, so kann der individuelle Lebensraum als Raum-
Kontinuum gesehen werden, und zwar im Sinne eines nahtlosen
Aneinaderreihens der Orte, worin sich ein Mensch im Laufe des
Lebens befindet.
Um dies denkbar zu machen, wird im Sinne der japanischen
Vorstellung einer „retiv-topischen" Sozialsystem-Modellierung und
eines „topischen Raumverständnisses", die relationale Raumauffassung
zu einer „topisch-henadischen" weiterentwickelt. Bei ihr
ist das Verbindende nicht etwas zwischen den Netzwerk-Knoten,
sondern das diese Durchdringende. Dieses Durchdringende kann im
abendländischen und physikalischen Sinne verstanden werden als
Information, die sich im Durchdringen von der abstrakten in die
kondensierte Form umwandeln und sich materialisieren kann. Die
Lebensenergie bewirkt diese Wandlung, die sich dann physikalisch
im „Zustand" der Masse zeigt. Dabei durchdringen sich die
Lebensprozesse sozusagen ihrerseits, indem sie abhängig von
einander und gleichzeitig prozessieren. Analog der Äquivalenz von
Energie, Information und Masse (Quantentheorie) können Energie
und Information als das betrachtet werden, was an der Stelle der
raumeinnehmenden Masse dort präsent bleibt.
Bei diesem Raumverständnis sind also Raum und Körper/
Masse/Materie nicht, wie im absoluten und relativen Raum,
dualistisch zu verstehen und auch nicht als relationale Anordnung
von Körpern im Raum. Das retiv-topische Sozialsystem-Modell
verweist vielmehr auf einen sozial erlebbaren Raum, welcher als
Atmosphäre sinnlich wahrnehmbar ist. Der Raum wird so weder als
Zwischenraum noch als Bühne verstanden, sondern als Lebensraum,
der in seiner Atmosphäre und Stimmung wirksam ist.
Indem die vierte Raumvorstellung hier „topisch-henadische
Raumauffassung" genannt wird, betont sie den Aspekt der Ganzheitlichkeit.
Auch die Vertreter der drei anderen erwähnten
Raumauffassungen haben sich immer wieder um Ganzheitlichkeit
bemüht und damit um ein integrierteres Verhältnis zwischen dem
Ganzen und den Teilen, zwischen Kosmos, Makro- und Mikrokosmos.
Im topisch-henadischen Raumverständnis erhält nun Ganzheitlichkeit
ein besonderes Gewicht. Sie wird im Sinne der
Nachhaltigen Entwicklung gedacht und hat Konsequenzen bezüglich
einer (ganzheitlichen) Begrifflichkeit und Denkarbeit, welche
ausführlich erörtert wird. So soll zum Beispiel Energie im Sinne der
drei Dimensionen der Nachhaltigen Entwicklung als Lebensenergie in
ihrer
• ökonomischen,
• sozialen und
• physikalischen Form
differenziert und definiert werden, was ja wieder dem alten abendländischen
Begriffsverständnis von Energie nahe kommt, nämlich als
etwas „einer Wirkung Fähiges", als alles, was - auf einer abstrakten
Ebene betrachtet - die Entstehung von Wirklichkeit er-möglicht.
Der Lebensraum im topisch-henadischen Raumverständnis kann
weiter differenziert werden. Im Unterschied zur relationalen
Raumvorstellung ist die Differenzierung aber nicht als ein System-
Umwelt-Verhältnis und eine Gegenüberstellung zu betrachten, sondern
als ein Feld-Resonanz-Verhältnis, bei dem sich die Räume
durchdringen, und zwar in schichtenmässig aufbauender Weise vom
Kosmos bis zum Ort hin. Folgende Räume werden in der Studie
ausführlich dargestellt:
1. Der als gegeben zu betrachtende Zeit-Raum/Sphärenraum, der
auf den Kosmos konstituierend, allumfassend und einheitsstiftend
wirkt.
2. Die drei Themenräume der Nachhaltigen Entwicklung: der
Natur-, Gesellschafts- und Wirtschaftsraum, dessen Fragestellungen
und Gegebenheiten auf die nächsten Raumschichten wirken.
3. Die drei Eigenräume: der überindividuelle/institutionelle,
individuelle Eigenraum und der Selbst-/Körperraum. Über sie
können Institutionen und Menschen - verglichen mit allen
übrigen Räumen - am meisten verfügen und wirken dadurch auf
die Lebensräume.
4. Die drei Lebensräume des überindividuellen/institutionellen
Eigenraums: der Kultur-, Wissens- und Arealraum, dessen
Fragestellungen und Gegebenheiten auf die Gestaltung des
institutionellen Lebensraums Auswirkungen haben.
5. Die drei Lebensräume des individuellen Eigenraumes:
Beobachter- und Denkraum sowie Ort, wo sich alle nicht-lokalen
Raumschichten zeigen, örtlich und zeitlich präsent sind.
Vor Ort also verbindet sich Zeit, Raum und Leben. Nachfolgende
Abbildung zeigt die ganze Terminologie der topisch-henadischen
Raumauffassung auf einen Blick, und zwar in der Mitte die raum-,
links die wahrnehmungs-/macht- und rechts die prozessbezogenen.

Abbildung 1: Kernbegriffe des topische-henadischen Raumverständnisses im Überblick

Auf die prozess- und damit auch organisationsbezogenen
Zusammenhänge wird, wie erwähnt, in der Studie ausführlich
eingegangen.

2.3 Geschäfts- und Lebensprozesse

In der topisch-henadischen Raumauffassung stehen Mensch,
Lebensraum und Ort im Zentrum der Betrachtungen. Wenn nun der
Aspekt der Zeit dazu kommt, rücken die Raumveränderungsprozesse
ins Blickfeld, die hier sogenannten In-Formations- und Trans-
Formationsprozesse, also die Umwandlungsprozesse von Information,
Masse/Materie sowie Lebensenergie des in einem Ort
Befindlichen. In dieser Studie liegt der Akzent auf der Information,
die im Ort und Lebensraum feldhaft denkbar ist, wohingegen Masse
und Energie dies auch ausserhalb von Orten sind.
Die genannten Prozesstypen sind in diesem Raumverständnis als
gleichzeitig ablaufende, untrennbar miteinander verbundene und sich
durchdringenden Prozesse gedacht. Sie können wie folgt unterschieden
werden:
1. Trans-Formationsprozesse:
• Ökonomische Energien, den Wirtschaftsraum betreffend.
• Soziale Energien, auf den Gesellschaftsraum bezogen.
• Physikalische Energien, den Naturraum betreffend.
Diese Prozesse transformieren sich jeweils horizontal, „innerhalb" der
eigenen Energieform oder vertikal, hin zu einer anderen Energieform
im Eigenraum.
2. In-Formationsprozesse:
• Im Selbst-/Köperraum: persönlichkeitsbasierte Prozesse/Denkprozesse
des Durchdringens, des Wahrnehmens, Erinnerns etc.
des individuellen und überindividuellen/institutionellen Lebensraumes
und des Durchdrungen-werdens von den übrigen
Räumen, was sich insgesamt in der gefühlten und analysierten
Atmosphäre zeigt.
• Im Lebensraum: Menschen, Lebewesen und Soziale Güter
betreffende Prozesse der Informations-Kondensation von abstrakter
über klassische Information bis zur Masse/Materie und
zurück, also von der Formation, Formierung, Gestaltentwicklung
und von Masse/Materie „zurück" zur gestaltimpliziten
Information.
In der topisch-henadischen Raumauffassung und im feldhaft
verstandenen Ort steht, wie eben erwähnt, Information im Zentrum.
Die In-Formations-Prozesse werden deshalb ausführlich behandelt.
Im Praxisteil fokussiert sich die Studie dann auf das sogenannte Area
Spacing. Dabei wird denkend ein Ort durchdrungen und planend
verändert. Das Handeln (der sinnlich wahrnehmbare der beiden In-
Formations-Prozesstypen) gestaltet dann den Ort entsprechend um.
So kondensiert gedachte Information in Masse und Materie.
Die nächste Abbildung zeigt überblicksmässig die Trans- und In-
Formationsprozesse in vereinfachter Darstellung. Die Pfeile deuten
an, dass diese Prozesse gleichzeitig, sozusagen ein- und ausgreifend
ablaufen, vom Einzelmenschen in seiner Gestaltungsarbeit in den
Eigenräumen ausgehen und vor Ort in den Lebensräumen wirken.
Die primären und sekundären Geschäftsprozesse einer
Organisation/Institution entsprechen den physikalischen, sozialen
und ökonomischen Trans-Formationsprozesse auf der Ebene des
Individuums (von links nach rechts in Abbildung gesehen). Im
Durchdringen der beiden Prozesstypen gestaltet sich dann der
Lebensraum eines Menschen und Unternehmens, indem sich
Information zu Masse hin materialisiert (von oben nach unten in
Abbildung betrachtet). Dass der Mensch so zentral in der Mitte steht,
heisst keineswegs, ihn zum Hyper-Individualisten stilisieren zu
wollen, sondern ihn als für sich und das Ganze gleichzeitig
verantwortlicher Einzelmensch wieder ins Zentrum des
Raumgeschehens zu rücken. Dieses Modell soll als Weiterentwicklung
des St. Galler Management-Modells verstanden werden.
Abbildung 2: Vereinfachte Darstellung der Zusammenhänge zwischen

Prozessen und Räumen mit dem Menschen als für sich und das Ganze
verantwortlicher Lebensraum-Gestalter
Die genannten Vorstellungen von In- und Trans-Formation haben
Konsequenzen auf den klassischen Begriff von Information und
Kommunikation.
Die Umsetzung des klassischen Kommunikationsmodells im Sinne
des retiv-polyzentrischen Sozialsystemmodells hat in der Praxis dazu
geführt, dass Denken, Reden und Handeln immer mehr auseinander
gerissen und einander gegenübergestellt worden sind. Das wird
möglich, indem man Energie, Information und Materie im Geiste der
klassischen Physik eindimensionalisiert und separiert. Im ganzheitlich-
nachhaltigen Sinne jedoch soll Kommunikation als jener
Prozess betrachtet werden, der das Denken, Fühlen, Reden und
Handeln als Aspekte einander durchdringender Prozesse verstanden
wird. Im Denken wandelt das Individuum die Welt sich an, erkennt
es das Implizite im Explizierten der Themen- und Eigenräume. Und
im Handeln expliziert sich das Denken und Fühlen wiederum vor Ort.
Mehr Glaubwürdigkeit und Authentizität sind hier somit nicht durch
immer feinere Überwachungs- und Inszenierungsmassnahmen
erreichbar, sondern durch das Wiedererlangen von Vertrauen. Dieses
jedoch wächst nicht ohne Authentizität. Denn einem sich selbst
inszenierenden Schauspieler kann im wirklichen „Lebens-Theater"
niemand trauen, denn nicht einmal er selbst weiss heute, welche Rolle
er morgen spielen wird.
Es gilt also, die räumlich Distanzierung von Ich und Welt, die ja erst
eine bildliche Inszenierung ermöglicht, zu überwinden, was dadurch
geschehen kann, dass sich im authentischen Leben Mensch und Raum
im Lebensraum durchdringen. Dadurch wird aber in der
Kommunikationsarbeit der Akzent von der Vermittlung von Text und
Bild verschoben, und zwar hin zum Gestalten der genannten,
einander durchdringenden Lebensprozesse im Eigenraum.
Kommunikation heisst also weniger Verbindung schaffen durch
Austauschprozesse zwischen Systemen, als vielmehr Menschen,
Lebewesen und soziale Güter im Lebensraum in sich
durchdringenden Umwandlungsprozessen zu verbinden.
Nachfolgende Abbildung stellt nun dar, worin sich das im
Durchdringen Verbindende im Arealraum zeigt. Es sind die im Pfeil
eingeschriebenen Aspekte Raumnutzen, Raumgestaltungsleitbild und
Raumbild, welch Letzteres zur Verdeutlichung seiner Ausschnitt- und
Bildhaftigkeit von einen Bilderrahmen eingefasst wird. Die
Ausprägung, die Strategie dieser Aspekte ist abhängig vom
Kulturraum, von der dort herrschenden Wert-/Normhierarchie, die
ihrerseits vom umfassenden Lebensraum-Gestaltungsfeld bestimmt
wird.

Abbildung 3: Vereinfachte Darstellung der raumdurchdringenden Dimensionen, welche die Raumatmosphäre vor Ort bestimmen

2.4 Praxis des Spacing-Management und Sustainable Branding

Die hier ausgearbeiteten Weiterentwicklungen der heute im
europäisch-nordamerikanischen Raum dominierenden Raum-,
Prozess- und Systemvorstellungen und der dazugehörenden
Weltbilder hat Konsequenzen für die Praxis, was im zweiten
Hauptteil der Studie am Beispiel des Marketing-, Kommunikationsund
Markenmanagements erörtert wird. Dabei steht die Raumgestaltung,
-entwicklung oder -formation im Zentrum. Denn gerade
im Dienstleistungsmarketing wie auch beim sinnlich Wahrnehmbar-
Machen von Unternehmenskultur und -identität, ist die Raumgestaltung
bisher in Theorie und Praxis eher unterschätzt worden. So
ist es eines der Hauptziele der Studie, theoretisch darzulegen, wie
man „Raumatmosphäre" beschreiben und wie man in der Praxis im
Arealraum bewusster gestalterisch vorgehen kann.
Die selbstentwickelte und in der Praxis in eigenen Projekten mehrfach
eingesetzte Methode wird „Spacing" genannt. Unter diesen Begriffen
soll der dem menschlichen Denk- und Wahrnehmungsprozess
folgende Gestaltungsprozess verstanden werden, der - auf dem
topisch-henadischen Raumverständnis basierend - Atmosphären gestaltet.
Die Raumatmosphäre soll die Persönlichkeit des Raumeigners
kohärent zeigen und Eigner, Nutzer und Gestalter von Orten als
gleichberechtigte Partner des Gestaltungsprozesses betrachten, und
zwar mit dem Zweck, einen ganzheitlich-nachhaltigen Raumeindruck
zu realisieren.
Die Raumformation, das Spacing als Prozess zeigt sich einerseits im
Arealraum und andererseits im Wissensraum. Im ersten Fall wird er
Area Spacing genannt, im zweiten Human Spacing. Beide leiten sich
aus den Gegebenheiten des Kulturraums ab.
Das Area Spacing wird, je nach Anwendungsgebiet, weiter
unterschieden in
• Corporate Spacing, (Industry, Services): Areal-/Gebäudeentwicklung
von Unternehmen und Verwaltungen
• Real Estate Spacing: Immobilienentwicklung
• Public Spacing: Stadtentwicklung, Raumplanung
• Hospitality Spacing: Hotel, Restaurant, Altersheime und -
residenzen
• Shop Spacing: Verkaufsraumentwicklung
• Private Spacing: Private Wohnung.
Das Human Spacing zielt auf die Persönlichkeitsentwicklung des
Individuums und befasst sich mit den Strategien der Wissensraumgestaltung
und versucht diese im Denk- und Beobachterraum
bewusst zu machen und allenfalls zu optimieren.
Die Wirkung des Spacing zeigt sich in einer Veränderung der
Atmosphäre, des Klimas, der Qualität der Raumgestaltung und darin,
dass sich relevante Menschen und Gruppen nachhaltig an andere
Menschen, Institutionen und deren Aktivitäten erinnern können. Die
Analyseinstrumente bezüglich Atmosphäre, Qualität und die Möglichkeiten
der Marktforschung werden ausführlich dargestellt.
Letztere ist deshalb wichtig, weil sie den Nutzern eine Stimme
verleiht und auch ein „Wirkungscontrolling" ermöglicht. Schliesslich
wird im Rahmen der Behandlung des Corporate Spacing die Brücke
zur Markenführung geschlagen und die Wichtigkeit eines
„Sustainable Brandig" betont.
In einem persönlich gehaltenen Schlusswort bringt der Autor
zunächst die Problematik der Unvereinbarkeit von Inszenierungen
und Authentizität zur Sprache. Unter dem Aspekt der Sicherheit wird
ganz am Ende der Studie in die politische Dimension der hier
behandelten Themen vorgestossen, indem der in dieser Studie im
Zentrum stehende Unternehmens-Kulturraum verlassen und die
Kulturräume im globalen Zusammenhang betrachtet werden. Es wird
deutlich, dass man den befürchteten „Krieg der Kulturen" geradezu
heraufbeschwört, wenn es nicht gelingt, das Sicherheitsgefühl im
eigenen Lebensraum auszubauen.
Denn offenbar gilt: Je mehr der Nationalstaat multikulturell wird,
desto weniger kann er kulturelle „Sicherheit" gewähren, weshalb sich
die Politik und Staatsverwaltung auf das Gewährleisten einer
gewissen materiellen Sicherheit zurückziehen. Doch auch
Wirtschaftsunternehmen können diese kulturelle Sicherheit nicht
bieten, nicht etwa, weil sie es nicht als ihre Aufgabe ansehen, sondern
weil sie selber ein Teil des Problems sind. Denn je grösser und
globaler tätig eine Firma ist, desto mehr fordert und fördert sie den
flexiblen Menschen, der ja positionslos sein muss, wenn er alle diese
Veränderungen positiv gestimmt mitmachen soll und also gar keine
kulturelle Sicherheit aufbauen kann.
So muss jeder Mensch Sicherheit für sich selber finden, wozu hier der
Weg der Persönlichkeitsbildung empfohlen wird, indem er sich
Klarheit schafft über seine Position in der Welt, sein Weltbild etc.
Corporate und Human Spacing stellen Methoden und Instrumente
dazu zur Verfügung. Gerade die Arealraumgestaltung stellt nämlich
eine hervorragende Chance dar, in der bewussten Arbeit an der am
Schluss sinnlich wahrnehmbaren Gestaltung der Firmenräume die
abstrakten und sinnlich nicht wahrnehmbaren Zusammenhänge im
Wissens- und Kulturraum verständlich zu machen und vertiefen zu
lernen.

  • Keine Stichwörter