Hey Domi,
kein Problem; ich hatte auch meine Freude an dieser wolfigen Angelegenheit

Es freut mich sehr, dass du mit meinen Ausführungen etwas anfangen konntest!
Schöne Wolfszitate oder gar eine Sammlung von Wolfszitaten sind mir leider nicht bekannt. Wenn ich allerdings so ein Gefäß mit Wolfszitaten machen würde, würde ich auf jeden Fall folgendes Zitat mit raufmachen:
「養其一指、而失其肩背、而不知也、則為狼疾人也。」»Wer einen einzelnen Finger hegt, ohne [dabei] zu bemerken, dass er [seine] Schultern und [seinen] Rücken verliert, der nämlich ist ein Mensch, der die Wolfshast/Wolfskrankheit hat.« – der Wolf kommt dabei leider nicht gut weg, ja wird sogar kraft seiner metaphorischen Stärke missbraucht, um für eine Krankheit herhalten zu können. Es handelt sich dabei um ein altes Menziuszitat (Menzius ist der wichtigste Schüler von Konfizius), das aber auch sehr stark mit der Literatur von Nakajima Ton (heutzutage meist als Nakajima Atusushi gelesen) verbunden ist. Dieser hat dieses Zitat einem seiner Werke vorangestellt und versteht die Wolfshast als das Verlieren des Wichtigsten über das Konzentrieren auf etwas, was im Gesamtzusammenhang nur nebensächlich erscheinen kann. Er sieht darin die Krankheit des modernern Menschen an sich, aber auch die Krankheit des Großjapanischen Kaiserreiches (Nakajima Ton war vor allem zur Zeit des Pazifischen Krieges als Schriftsteller aktiv), dessen Imperialismus und Kolonialismus er in vielen seiner Werke versuchte zu kritisieren. Mit Bezug auf den japanischen Imperialismus und Kolonialimus wäre die Wolfskrankheit das Ausbilden von »genuin japanischen Tugenden« etc. , ohne dabei zu bemerken, dass man zum Monster für seine Nachbarn wird; ein Darstellen der eigenen »Stärken«, dass dafür herhalten soll, die imperialistischen Herrschaftsansprüche dem Nachbarn gegenüber zu rechtfertigen. Da mir das eine sehr wichtige Aussage ist, wäre dieses Menziuszitat – obwohl der Wolf nicht gut dabei wegkommt – mir persönlich eines der liebsten Wolfszitate.
Vielleicht findest du ja neben weiteren Inspirationen aber auch einen zitierenswerten Wolf in den bereits angesprochenen »Tausend Plateaus« von Deleuze und Guattari. Das zweite Kapitel (bzw. Plateau) mit dem Titel »1914 – Ein Wolf oderer mehrere?« behandelt den Wolf nämlich sehr intensiv :
Ich weiß jetzt ja nicht wie sehr du mit dem Japanischen vertraut bist. Daher noch eine kleine Anmerkung, falls du mit der Grammatik nicht so sehr vertraut sein solltest: 「狼する狼」ist in der »Grundform« des Verbs gehalten und trifft damit keine wirkliche Aussage über den Aspekt des Geschehenden. Wenn du den Aspekt der Gegenwärtigkeit betonen möchtest – und bei der philosophischen Definition des Wolfens, bei der wir angekommen sind, wäre das eigentlich sehr wichtig zu betonen – müsstest du 「狼している狼」nehmen, denn nur dann wird auch wirklich deutilich, dass das Wolfen etwas sich aktuell ereigendes ist.
(Falls du darüber hinaus mit der Übersetzung von »Was den Wolf Wolf sein lässt, ist seine Wolflichkeit« noch etwas anfangen möchtest, hier noch eine stilistisch optimierte Version:
「狼を狼たらしめるのはその狼性なのだ。」.
Dir ganz viel Erfolg bei deinem wolfigen Gefäß. Arbeitest du da eigentlich auch mit stilisiertem Wolfshaar? Eine haariges Gefäß fänd ich auf jeden Fall interessant... Kannst du vielleicht ein Foto schicken, wenn dein
Wolfgefäß fertig ist? Mich würde es auf jeden Fall interessieren, das mal zu sehen! Vielleicht ist das dann aber zu unjapanologisch für dieses Forum, daher wäre es vielleicht besser, dass dann mit der PM-Funktion (Private Message) des Wadokuforums zu verschicken... (an die »Forumsaufseher«: Wenn so ein Foto hier ok ist und allgemeines Interesse an der Veröffentlichung im Forum besteht, könnt ihr das ja vielleicht einmal kurz anmerken, damit man weiß, was hier erlaubt ist und was nicht...)
Wolfige Grüße und ein fröhliches Weiterwolfen
JPP